Von der Hauptstadt Yerevan aus bieten sich zahlreiche Möglichkeiten, die kulturellen Schätze Armeniens zu erkunden. Unter den vielfältigen geführten Touren sticht besonders die zu den beeindruckenden Klöstern rund um Yerevan hervor.
Gleich zu Beginn unserer Zeit in Armenien haben wir uns für eine solche Tour entschieden und dabei Einblicke in die reiche Geschichte und das spirituelle Erbe des Landes erhalten.
St. Echmiadzin - der Vatikan der apostolisch-armenischen Kirche
Echmiadzin, oft als "Herabgestiegen ist der Eingeborene" übersetzt, liegt ungefähr 20 km westlich von Yerevan, in der Provinz Armawir. Dieses Gotteshaus ist mehr als nur eine armenisch-apostolische Kirche - es ist ein Zeugnis der tief verwurzelten christlichen Tradition des Landes.
Die Kathedrale, die im Jahr 303 eingeweiht wurde, gilt als die erste staatlich errichtete christliche Kirche der Welt. Als ältester christlicher Ort Armeniens und spirituelles Zentrum des Landes, umfasst die Klosteranlage weit mehr als nur sakrale Bauten. Seit 2000 ist sie auch UNESCO-Weltkulturerbe.
Verwaltungsgebäude, Residenzräume, ein Schatzmuseum, das theologische Seminar und vieles mehr - all das findet sich in Echmiadzin und jedes Gebäude erzählt seine eigene Geschichte. Ein Chatschkar im Klostergarten erinnert als stummer Zeuge an den armenischen Genozid.
St. Hripsime Kirche - eine tragische Romanze
Nur einen Katzensprung von St. Echmiadzin entfernt, verbirgt sich die St. Hripsime Kirche, ein Ort, der von einer dramatischen Legende umwoben ist. In Armenien erzählt man sich die Geschichten zahlreicher Kirchen und Klöster, die oft von unerfüllter Liebe und tragischen Schicksalen künden. St. Hripsime ist da keine Ausnahme.
Die Geschichte von Hripsime, einer jungen Frau, die im Zentrum dieser Legende steht, klingt fast wie ein Märchen - allerdings ohne das ersehnte Happy End. Hripsime, eine entfernte Verwandte des römischen Kaisers Claudius, wählte ein Leben der Keuschheit, doch sie zog das Begehren Kaiser Diokletians auf sich. Ihrer Bestimmung treu, floh sie nach Armenien, wo sie jedoch erneut in das Blickfeld der Mächtigen geriet. Der armenische König Trdat III. verfiel ihrer Schönheit, doch Hripsime blieb standhaft in ihrem Entschluss, Nonne zu bleiben. Ihr Mut und ihre Entschlossenheit führten letztlich zu ihrem tragischen Ende: Trdat ließ sie und 30 weitere Nonnen enthaupten.
Am Ort dieses Geschehens entstand später das Mausoleum der Hripsime. Um dieses herum wurde Ende des 4. Jahrhunderts die Kirche erbaut, die heute als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt ist. Heute ist der Ort mehr als nur eine Kirche - er ist ein Monument der Treue zu den eigenen Überzeugungen und der Unbeugsamkeit gegenüber Unterdrückung.
Khor Virap - tiefes Verlies aber perfekte Sicht
Willkommen in Khor Virap, dem Kloster, das seinen Namen „tiefes Verlies“ wahrhaftig verdient! Versteckt in der Provinz Ararat, nur 40 km von Yerewan entfernt, bietet dieser geschichtsträchtige Ort einen atemberaubenden Blick auf die Grenze zur Türkei und den majestätischen Berg Ararat.
Stellt euch vor: Der nicht gerade freundliche König Trdat III. - ja, wir kennen ihn bereits von der Legende um Hripsime - sperrte hier im Jahr 288 n. Chr. Gregor den Erleuchter in eine Höhle ein. Ziel des Königs war es, Gregor den Erleuchter von seinem christlichen Glauben abzubringen. Ironischerweise wandte sich Trdat, nachdem er schwer erkrankt war, an eben diesen Gregor um Heilung zu erbitten. Gregor verhalf ihm zur Genesung und wurde nach 13 langen Jahren aus seiner Gefangenschaft entlassen. Dies führte zu einer Wendung für die Geschichtsbücher: Der König und ganz Armenien konvertierten zum Christentum.
Das Kloster selbst thront auf dem Hügel, wo einst Artaxata, die alte armenische Hauptstadt, stand. Heute beherbergt es die Surb Astvatsatsin Kirche und die Surb Gevork Kapelle. Mutige Besucher können hinabsteigen und die winzige Zelle betreten, in der Gregor einst gefangen war - ein beengendes Erlebnis!
Tja und wie hat Gregor diese 13 Jahre der Gefangenschaft überlebt? Dank einer Frau aus der Nähe, die Visionen hatte und ihm heimlich Nahrung und Wasser durch einen kleinen Schacht zukommen ließ. Tja, was wäre, wenn es keine Frauen gäbe?!
Homemade lunch - Gaumenschmaus bei einer armenischen Familie
Stellt euch vor, wir waren eingeladen zu einem Mittagessen bei einer armenischen Familie! Während wir am Esstisch Platz nehmen und nett plaudern, öffnet sich eine Welt voller kulinarischer Schätze.
Einer dieser Schätze ist die Zubereitung von „Lavash“, dem traditionellen armenischen Fladenbrot. Ein wahres Kunstwerk, das in einem Tonofen gebacken und dann an der frischen Luft getrocknet wird. Es ist faszinierend zu beobachten, wie aus einfachen Zutaten etwas so Grundlegendes und doch Besonderes entsteht. Im Supermarkt findet man Lavash in frischer und weicher Form oder als langlebige, getrocknete Variante. Aber das Geheimnis liegt im Detail: Ein wenig Wasser auf das trockene Brot und voilà – es wird wieder weich.
Diese Momente erinnern uns daran, wie wunderbar und verbindend gutes Essen sein kann. Ein echtes Erlebnis, das uns die Seele Armeniens spüren lässt.
Noravank - Kloster in perfekter Lage
Warum haben Klöster eigentlich immer die beste Lage und die schönste Aussicht? Wahrscheinlich um Touristen zu den schönsten Plätzen eines Landes zu führen. 😁
Bereits die Anfahrt zum Kloster ist ein Highlight. Durch die Schlucht des Amaghu mit seinen roten Klippen fahren wir über Schotterstraßen hinauf zum „Neuen Kloster“ aus dem 13. Jahrhundert.
Noravank, einst Bischofssitz, hat trotz vieler Erdbeben und Renovierungen seinen Charme bewahrt. Das älteste Juwel hier ist die Täuferkirche „Surb Karapet“, gefolgt von der angebauten Gregorkirche „Surb Grigor“ und der majestätischen Muttergottes-Kirche „Surb Astvatstin“.
Die Kirche Surb Astvatsatsin, erbaut von dem Mönch und Architekten Momik, hat eine sehr eigene Architektur. Die erste Ebene führt hinab in ein geheimnisvolles Mausoleum, die zweite Ebene erreicht man über schmale Außentreppen – so schmal, dass man sich fragt, ob Momik wohl Nervenkitzel liebte. Die dritte Ebene krönt das Ganze mit einer 12-säuligen Rotunde und einer schön verzierten Kuppel.
Und wie in jedem guten Drama gibt es auch hier eine tragische Liebesgeschichte: Der Architekt Momik verliebte sich unsterblich in die Tochter des Fürsten Burtel Orbelian, baute die Kirche als Liebesbeweis, nur um von Fürst Burtel Orbelian schließlich von der Kuppel in sein Verderben gestürzt zu werden. Was soll man da noch sagen?!
Die Hauptkirche Surp Karapet, ein kreuzförmiges Bauwerk mit vier Eckkapellen, und die einschiffige Kirche Surb Grigor, voller Gräber und Freskenreste, sind ebenfalls Teil der beeindruckenden Anlage.
Von einer kleinen Anhöhe aus genießen wir den atemberaubenden Blick auf Noravank und seine Umgebung – eine sehenswerte Anlage, eingebettet in die armenische Landschaft.
Hin Areni Winery - Weinverkostung nach armenischer Tradition
Zum krönenden Abschluss unseres Tagesausflugs besuchen wir die Hin Areni Winery, versteckt im Herzen Armeniens. In den kühlen Kellergewölben wartet eine Welt voller Geschmackserlebnisse auf uns. Nach den bewegenden und traurigen Liebesgeschichten, die wir heute gehört haben, ist das eine willkommene Abwechslung! 😂
Von kräftigem Rotwein über leichten Weißwein bis hin zum exotischen Granatapfelwein und kräftigem Brandy – hier findet jeder Gaumen seinen Favoriten. Während wir die edlen Tropfen verkosten, lauschen wir gespannt den Geschichten über die traditionelle Weinherstellung und die Vielfalt der Sorten.
Nach einem Tag voller Entdeckungen und Erlebnisse kehren wir nach Yerevan zurück und sind gespannt, was uns als nächstes erwartet! 😊
Übrigens, wenn du wissen möchtest, was man in der Nähe von Yerevan sonst noch besichtigen kann, dann lies einfach hier weiter: Entdeckungsreise rund um Yerevan
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